INTERVIEW
Viele sind auf der Suche
Wie die SDAJ die DKP im Wahlkampf unterstützt
Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) bereitet sich auf den Wahlkampf für die Bundestagswahl am 26. September vor. Sie unterstützt die DKP, die in zwölf Bundesländern zur Wahl antritt. UZ sprach mit Andrea Hornung. Sie ist seit Ende Februar Bundesvorsitzende der SDAJ.
UZ: Kann sich durch die nächste Bundestagswahl etwas in diesem Land verändern?
Andrea Hornung: Durch Wahlen können wir nichts Grundsätzliches für uns verbessern. Dieser Staat ist ein kapitalistischer Staat, das ändert sich nicht dadurch, dass wir alle vier Jahre ein Kreuz auf den Wahlzettel machen dürfen. Wir gehen unter der Losung „Wähle den Weg des Widerstands“ in den Wahlkampf, weil wir selbst aktiv werden müssen, um wirklich etwas zu verbessern. Wir nutzen den Wahlkampf, um an der Schule, in der Hochschule und im Betrieb deutlich zu machen: Nur, wenn wir selbst für unsere Rechte kämpfen, können wir Veränderungen durchsetzen.
UZ: In der Selbstdarstellung der Politiker geht es im Moment eher um Lockdown oder Lockerungen. Ist das die Alternative, um die es geht?
Andrea Hornung: Der Umgang mit der Pandemie ist natürlich wichtig. Aber das letzte Jahr hat doch gezeigt, dass es den Regierungspolitikern in ihren Entscheidungen nicht darum geht, was dem Großteil der Bevölkerung nutzt, sondern darum, was den Interessen der großen Unternehmen entspricht. So, wie die Pandemie im Moment bekämpft wird, geht der Infektionsschutz zu Lasten der Bevölkerung. Wir müssen uns privat einschränken, gleichzeitig sollen wir weiter arbeiten gehen. Die Beschränkung der privaten Kontakte und der Bildung treffen Jugendliche ganz besonders. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Pandemie auf eine Weise bekämpft wird, die im Interesse der Bevölkerung ist und nicht in dem der Großunternehmen.
UZ: In den Umfragen stehen die Grünen gut da – gerade unter jungen Wählerinnen und Wählern. Bietet das nicht die Möglichkeit, dass sich das Land nach Merkel ein bisschen nach links bewegt?
Andrea Hornung: Wer hat den Jugoslawien-Krieg durchgesetzt? Wer hat die „Agenda 2010“ durchgesetzt? Das war eine rot-grüne Regierung. Weder die Grünen noch eine „rot-rot-grüne“ Regierung werden für die Mehrheit der Bevölkerung irgend etwas verbessern. Die Grünen verkaufen sich als grün, aber sie sind keine Partei, die wirklich für Umweltschutz eintritt, sondern stattdessen beispielsweise für eine CO2-Bepreisung, die gegen den Klimawandel nicht hilft und vor allem ärmere Menschen treffen wird.
Sie tun sich durch offene Kriegshetze gegenChina und Russland hervor. Eine fortschrittliche Alternative sieht anders aus. Aber für Jugendliche ist Ökologie natürlich ein Thema. Wir wollen zeigen, dass der Klimawandel sich nur durch gesellschaftliche Planung der Produktion verhindern lässt und nicht, indem man alles dem Markt überlässt.
UZ: Ist es für die SDAJ in der Pandemie überhaupt möglich, Jugendliche zu erreichen?
Andrea Hornung: Die Pandemie macht vieles schwerer. In den meisten Bundesländern ist es uns untersagt, uns zu Gruppenabenden zu treffen, oft sind Aktionen verboten. Bei den Aktivitäten gegen die „Münchener Sicherheitskonferenz“ (Siko) wollte die Polizei die Proteste auf 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschränken. Wir erleben eine enorme Einschränkung unserer politischen Aktivitäten und der Opposition, die sich gegen die Regierung bilden kann.
Aber wir erleben auch, dass bei vielen die Wut über diese Verhältnisse gestiegen ist. In mehreren Städten haben wir Kundgebungen mit Schülern gemacht, in der vergangenen Woche haben wir uns am Aktionstag Gerechte Bildung beteiligt. Die SDAJ München hat eine Kundgebung gemacht, bei der viele Schüler spontan gesprochen und berichtet haben, wie der Leistungsdruck zunimmt, wie viele Burnouts es gibt. Einerseits vereinzelt der Lockdown die Menschen. Andererseits bieten die gesellschaftlichen Widersprüche viele Möglichkeiten, in die Diskussion zu kommen. Das merken wir auch daran, dass gerade jetzt mehr Jugendliche auf uns zukommen als vor der Krise und der Pandemie.
UZ: Wie drückt sich das aus?
Andrea Hornung: Wir wissen, dass es für politische Organisationen gerade schwierig ist, aktiv zu bleiben. Trotzdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass das möglich ist: Wir haben im vergangenen Jahr häufiger als vorher selbst Kundgebungen organisiert, zum Beispiel am 1. und 8. Mai, wo sonst vielerorts keine Aktionen stattgefunden hätten, und zum Jahrestag der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Wir haben die Proteste der Schülerinnen und Schüler und die Streiks in der Tarifrunde „Öffentlicher Dienst“ unterstützt. Unsere Erfahrung war durchgängig, dass es großes Interesse und eine gute Beteiligung gab. Wir merken, dass mehr Leute von sich aus mit uns Kontakt aufnehmen, die offenbar auf der Suche nach einer Alternative sind und dabei auf die SDAJ stoßen.
UZ: Ihr wollt den Wahlkampf nutzen, um stärker mit der DKP zusammenzuarbeiten. Wie kann das dazu beitragen, Jugendliche für ihre Interessen zu mobilisieren?
Andrea Hornung: Wir wollen mit Jugendlichen in Diskussionen kommen, warum es nicht reicht, sein Kreuz bei einer anderen Partei zu machen, warum es nötig ist, für eine andere, für eine sozialistische Gesellschaft zu kämpfen. Bis Mai wollen wir uns in allen SDAJ-Gruppen mit der örtlichen DKP zusammensetzen. Wir wollen dabei nicht nur über die Organisation des Wahlkampfs sprechen, sondern auf unseren Gruppenabenden mit der DKP diskutieren, mit welchen Inhalten wir im Wahlkampf nach außen treten müssen. Dabei sehen wir unsere Aufgabe vor allem darin, die Sichtweise junger Menschen und Forderungen wie ein Recht auf Ausbildung und Übernahme oder die Verringerung von Leistungsdruck stark zu machen.
Mit der Sammlung von Unterstützungsunterschriften für die DKP haben wir ebenfalls angefangen – in Frankfurt, wo ich herkomme, sogar vor der DKP. Das ist eine gute Gelegenheit, um mit unserem Umfeld zu diskutieren: Warum und wozu brauchen wir eine kommunistische Partei? Damit machen wir die DKP bekannter und zeigen auf, in welche Richtung wir unsere Kämpfe lenken müssen.
Andrea Hornung ist 24 Jahre alt und Physikerin. Im Februar ist sie vom Bundesvorstand der SDAJ zur neuen Vorsitzenden des Verbandes gewählt worden. Sie hat damit Lena Kreymann abgelöst, die, wie auf dem Bundeskongress verabredet, nun aus Altersgründen aus der SDAJ ausscheidet. Die UZ-Redaktion wünscht Andrea Erfolg, Ausdauer und auch Spaß bei ihrer neuen Aufgabe und freut sich auf gute Zusammenarbeit.