Bundesregierung will atomwaffenfähige US-Militärjets kaufen

Luftwaffeninspekteur gerät ins Schwärmen

Kriegerträume werden endlich wahr

jw 15.03.2022 | Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor gut zwei Wochen eine in der Geschichte der BRD beispiellose Aufrüstung angekündigt hat, schafft die Ampelkoalition weiter Fakten. Die Luftwaffe soll künftig mit sogenannten Tarnkappenjets vom Typ F-35 ausgerüstet werden, wie die Deutsche Presseagentur am Montag berichtete. Die Maschinen des US-Herstellers Lockheed Martin, von denen zunächst bis zu 35 gekauft werden sollen, sind als Nachfolge der »Tornado«-Flugzeuge vorgesehen. Auch bürgerliche Medien berichteten am Montag unverhohlen, um was es dabei geht: dem NATO-Konzept der sogenannten nuklearen Teilhabe neues Leben einzuhauchen, also das deutsche Militär auch künftig dazu zu befähigen, US-Atombomben zu transportieren und im Zweifel auch einzusetzen.

Der russische Einmarsch in die Ukraine scheint dabei nur vordergründig der Anlass für die milliardenschwere Aufrüstung zu sein. Kanzler Scholz habe sich in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar, vier Tage nach Kriegsbeginn, »recht klar für eine Anschaffung der F-35« ausgesprochen. Darauf verwies Jürgen Wagner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI), am Montag gegenüber jW. Zuvor war wiederholt gewarnt worden, der Kauf der F-35 gefährde den Bau des geplanten deutsch-französischen Kampfflugzeugsystems FCAS. Wagner bemerkte nun, wo die Regierung »die Geldschleuse für die Bundeswehr ganz weit aufgemacht« habe, sei das »Geld für eine Maximallösung zur Befriedigung aller Interessen da: F-35 für die US-Rüstungsindustrie, Eurofighter für Airbus und den IG-Metall-Betriebsrat – und auch für das FCAS mit seinen geschätzten 80 bis 100 Milliarden Euro Entwicklungskosten hat Scholz faktisch eine Baugarantie abgegeben«.

Am Montag verkündete Bundesverteidigungsministerin Christine ­Lambrecht (SPD), mit der jüngsten Kaufentscheidung »kommen wir mit der Ausrüstung der Bundeswehr einen guten Schritt voran«. Ihr zur Seite stand Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz. Der General bejubelte die F-35 als »das modernste Kampfflugzeug weltweit« und ließ keinen Zweifel daran, gegen wen sich die aktuellen Aufrüstungspläne richten: »Auf Putins Aggression kann es aus meiner Sicht nur eine Antwort geben – und das ist Geschlossenheit in der NATO und glaubwürdige Abschreckung.« Einen »Wunschtraum deutscher Militärs« nannte die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (Die Linke) die F-35 am Montag gegenüber jW. Die Sprecherin ihrer Fraktion für internationale Beziehungen und Abrüstung kritisierte, die Ampel befeuere so »einen nuklearen Rüstungswettlauf«.

Ein am Montag veröffentlichter Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, laut dem die Rüstungsexporte weltweit in den vergangenen fünf Jahren nach vorherigen Steigerungen leicht zurückgegangen seien, sorgte weder bei Linke-Politikerin Dagdelen noch bei IMI-Experte Wagner für Jubel. Letzterer gab zu Bedenken, dass hierzulande im vergangenen Jahr »Waffenexporte im Wert von 9,043 Milliarden Euro genehmigt« worden seien, »was einem Rekordwert entspricht«. Zudem sei mit den aktuellen Lieferungen in die Ukraine »das sowohl in den deutschen wie auch europäischen Rüstungsexportrichtlinien enthaltene Verbot von Exporten in Krisen- und Kriegsgebiete faktisch ad acta gelegt«. Und Dagdelen betonte, hierzulande würden »sinkende Rüstungsexporte im allgemeinen Aufrüstungswahn immer unwahrscheinlicher«.