05. Februar 2019 | … und Public-Private-Partnerships soll die Lösung sein-Kluges Finanzierungsmodell?oder: Gefahr für die StadtkasseDer Investitionsstau in den deutschen Kommunen beträgt rund 159 Milliarden Euro, wie der „Deutsche Städte und Gemeindebund“ vor kurzem betonte. Diese Zahl ist gewaltig und, da der Trend seit langer Zeit stets nach oben zeigt, auch noch eher zu niedrig als zu hoch gegriffen. Konkret wird diese Summe bei einem Rundgang durch unsere Städte und Gemeinden. Die Mahnmale politischer Untätigkeitoder unzureichender finanziellen Mittelgleichen sich von Ort zu Ort: unbenutzbare Schultoiletten und Unterrichtsräume, verfallene Verwaltungsgebäude, jahrzehntealte Containeranlagen, die wahlweise als Kita, Schule oder Notschlafstelle genutzt werden. Schuld an der ganzen Misere und daran, dass der Rückstand von Jahr zu Jahr steigt, sind einerseits die horrenden Schuldenberge, die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen und die Haushaltssicherungskonzepte nebst Schuldenbremse, die im Jahr 2018 weiterhin rund ein Viertel der Kommunen geißelten und dort die Arbeit der Räte aushebelten. Eine weitere Ursache ist der über viele Jahre hinweg betriebene Personalabbauin der öffentlichen Verwaltung, die Kolleginnen und Kollegen sind der gestiegenen Arbeitsverdichtung sehr oft nicht gewachsen. Doch damit endet die vor vielen Jahren begonnene bundesweite Spar-Agenda nicht. Vielerorts setzen die Städte nun auf Privatisierungen und „Public-Private-Partnerships“ (PPP), um die städtische Infrastruktur am Leben zu erhalten,doch Partnerschaft sieht anders aus.Bremerhavenzum Beispielbraucht vier neue Schulen, hat aber kein Geld. Nun sollen private Investorendie Schulen bauen –die Stadt wäre dann nur noch Mieterin.Zwei Mobilbauklassenbetreibt Bremerhaven bereits–Neubauten werden darum dringend benötigt.An drei Standorten müssenvier Schulen entstehen, weil die Not der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Schülerinnen und Schüler immens groß ist und die große Anzahl vonSchüler_Innen mit vorübergehenden Containerlösungen nicht mehr zu lösen sind.Die Finanzierung öffentlicher Projektedurch profitorientierteInvestorenistein neoliberales Konzept, das den pragmatischen Bremer Sozialdemokraten aber schon lange nicht mehr quer im Magen liegt. So lässtBremerhavens SPD-Fraktionschef SönkeAllers diese Finanzierung auch erstgar nicht zum Problem werden: “(…)unsere Aufgabe ist, schnellstens Lösungen zu finden.” Aber: Die Stadt hat dafür kein Geld und eine Kreditfinanzierung verbietet die Schuldenbremse. Darum kam die “Public Private Partnership” (PPP), ins Spiel. Investoren übernehmen aus einer langfristigenGewinnstrategie die Finanzierung, den Bau oderauch den technischen Betrieb von Gebäuden. Die Kommunen mieten sich dann langfristig z.B. in Schulen ein und schicken ihr pädagogisches Personal. Verantwortliche Politiker meinen jetzt, dass zwar Sachkosten entstehen, aber keine Kreditschulden.
So kann man die tatsächlichen Kosten für Bremerhaven verschleiern, denn die wirkliche Rechnung sieht so aus, dass der Bau der vier Schulen 114 Millionen Euro kosten würde, der Mietzins sich aber auf 249 MillionenEuro belaufen würde, weil diePPP-Projekte über 30 Jahregemietet werden müssen. Das macht dann 8,3Millionen Euro pro Jahr, die Bremerhaven dann zurückzahlenmüsste, also insgesamt 135 Millionen Euro mehr.Zwischen öffentlicher und privater Finanzierung lieg ein Unterschied von 135 Millionen Euro. Aber auch für diese Sachlage weiß die Behörde Rat: Der Wert muss noch bereinigt werden.Interessent wird es auch in der Frage, ob die Verträgeöffentlich gemacht werden, oder ob sie im Geheimen bleiben, wie derzeit in Frankfurt, wo der niederländische Baukonzern darauf bestand. Die Stadtverordnetenbeschlossen zwar das Projekt “im Grundsatz” , bekamen aber die Verträge nicht zu sehen, womit die demokratischen Prozeduren ausgehebelt wurden > ein Negativeffekt von vielen: Die Frankfurter Revisoren stellten fest, dass der Investor möglichst billige Materialien verbaut hat. Er hatte kein Interesse daran, Strom-, Heiz-und Wasserkosten zu sparen. Die zahlt ja der Mieter, die Stadt.Sicher kann man auch am Bremerhavener PPP-Modell sein, dass nicht alle Kosten durch den Investor offen gelegt werden. Es wirdgeschönt werden im Vergleich öffentlicher und privater Lösung, das wiederum wird den städtischen Haushalt immens belasten.Die PPP-Lösung ist teuer, die Gebäude und der Service sind schlechter. Der versprochene finanzielle Vorteil wird sich als ein haltloses, renditegeleitetes Phantasieprodukt entpuppen.DieseMilchmädchenrechnung muss den verantwortlichen Politikern in Bremerhaven öffentlich um die Ohren gehauen werden.Darum Bürgerbefragungen und Bürgerentscheide, denn die Privatisierungs-Akteure sind dümmer, korrupter und verwundbarer als es scheint.(Dr. Werner Rügemer)