Klassenkampf – gibt`s den noch?

Klassenkampf – gibt`s den noch?

Kristina Vogt, PDL

Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt [Die Linke] und Gerd Markus [Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Gartenstadt Vahr] begegneten dieser Tage dem Klassenkampf. Kristina Vogt verleugnete ihn, indem sie in einem Interview am 21.09.19 mit den Bremer Nachrichten sagte, „Früher ging es in linker Politik um den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit. Heute leben wir im Jahr 2019 und nicht mehr 1919. Bestimmte Prozesse können wir nur im Dialog lösen. Für mich ist das aber klassisch links: sich Gedanken zu machen über neue Prozesse, die Zukunft der Arbeit, die Wirtschaft und die Gesellschaft.“

In einer gänzlich anderen Art  begegnete Gerd Markus,  auf dem SPD-Unterbezirksparteitag Bremen-Stadt unseren Klassenkampf.  Gerd Markus sorgte für einen kleinen Eklat, als er seine eingereichten Anträge seines Ortsvereins zur Etablierung von Seminaren für neue Mitglieder und zur Profilschärfung der SPD wieder zurückzog. „Sein Zorn entzündete sich nicht zuletzt daran, dass die Partei ihre eigene Geschichte aus dem Blick verloren habe. Mit Lehreinheiten zur Parteihistorie sollte Abhilfe geschaffen werden. „Klassenkampf – angeblich gibt es den ja nicht mehr“, monierte Markus. Dass der Unterbezirksvorstand die Anträge zu Vorschlägen zur Weiterbildung habe degradieren wollen, kritisierte Markus als „Armutszeugnis erster Klasse“.“ BN, 22.09.19

Eigentlich ist es nichts ungewöhnliches dem Klassenkampf zu begegnen. Begegnen ihm die arbeitenden Menschen doch jeden Tag an ihrem Arbeitsplatz, denn die Sicherheit der Arbeitsplätze ist nicht gewährleistet; wir sind nicht vor neuen Wirtschafts- und Währungskrisen, vor Arbeitslosigkeit, vor den unsozialen Folgen einer kapitalistisch genutzten Digitalisierung, vor Einkommensminderung und sozialem Abbau in allen Bereichen geschützt.

Auf der anderen Seite steigen die Profite und Dividenden sehr viel schneller als Löhne und Gehälter. Die Lohnentwicklung hält nicht einmal Schritt mit dem Wachstum der Arbeitsproduktivität. Errungene Verbesserungen werden größtenteils durch steigende Preise, Mieten und Dienstleistungstarife, erhöhte Steuern und Sozialbeiträge aufgesogen. Millionen arbeitender Frauen wird die soziale Gleichberechtigung vorenthalten und der berufliche Aufstieg erschwert.

Arbeiter, Angestellte, die große Mehrheit des Volkes leben von abhängiger Arbeit. Sie sind ausgeschlossen vom Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie verfügen nur über ihre Arbeitskraft. Eine Kluft trennt die kleine Schicht der Multimillionäre und Milliardäre von den Millionen arbeitender Menschen. Die Vermögensunterschiede und sozialen Gegensätze werden nicht geringer, sondern sind krasser geworden.  So besitzen 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland fast 67 Prozent am Gesamtvermögen. Die Schere zwischen Armut und Reichtum klafft immer weiter auseinander. Das zeigt sich auch daran, dass 50 Prozent der Bevölkerung gerademal 1,6 Prozent am Gesamtvermögen in Deutschland besitzt. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist inzwischen wieder so groß, wie vor 100 Jahren. Das kommt einer sozialen Kriegserklärung an die ärmere Hälfte der Bevölkerung gleich, die praktisch nichts besitzt und oft unter Mindestlohn arbeitet.

Die Abhängigkeit und Ausbeutung im Betrieb, auch durch Leiharbeit und Mini-Jobs etc. wächst, die soziale Unsicherheit nimmt zu, der Arbeitsprozess wird bürokratischer und aufgrund einer immer schnelleren Digitalisierung schwerer durchschaubar. Die arbeitenden Menschen werden immer mehr in eine menschenunwürdige Stellung gedrängt. Das wird verstärkt durch das Fehlen echter betrieblicher Mitbestimmung. Das ist die Grundlage des Klassenkampfes, deren Ursache in der antagonistischen Klassengesellschaft liegt, die ununterbrochen Klassenkampf hervorruft, denn unter den Bedingungen der Ausbeutung ist Arbeit Zwang, weil sie im Kapitalismus grundsätzlich dem Profitinteresse unterworfen ist. Das gilt für die Entwicklung sowohl der Arbeiter.innen als auch der Technik. Nur durch den gewerkschaftlich-organisierten Klassenkampf können die arbeitenden Menschen als Klasse ihre Arbeitsbedingungen verbessern (Erhaltung des Arbeitsplatzes, Arbeitszeit, Lohn, Qualifikation). Solange jedoch die kapitalistischen Produktionsverhältnisse bestehen, muss die Arbeit unter den Bedingungen des kapitalistischen Grundwiderspruchs, der Vergesellschaftung der Produktion und der privatkapitalistischen Aneignung geleistet werden.

Die Redaktion bedankt sich bei Kristina Vogt und Gerd Markus für ihre offenen Worte, die Grundlage für den vorliegenden Artikel waren. Mit solidarischen Grüßen, Katrin Alapas